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Bei der Terrorismusbekämpfung dürfen Rechtsextremisten nicht außer Acht gelassen werden.

© dpa

Überprüfung der Sicherheitsgesetze: Der Terror kommt auch von innen

Derzeit werden die deutschen Sicherheitsgesetze überprüft - doch dabei darf sich die Kommission nicht zu sehr auf den radikalen Islamismus konzentrieren. Auch Rechtsextremismus muss als Quelle für Terror ernst genommen werden.

Von Frank Jansen

Mali ist weit weg. Wenn dort Islamisten mit französischen Soldaten kämpfen, wenn Kämpfer von Mali aus zu einem Überfall in Algerien aufbrechen, dann scheint das mit Deutschlands Sicherheit wenig zu tun zu haben. Vermutlich denken viele Deutsche so – und irren sich. Al Qaida registriert jede Hilfe der Bundesrepublik für den Antiterroreinsatz. Außerdem wächst schon allein mit der Debatte über eine deutsche Beteiligung das Risiko, dass sich hierzulande ein Salafist zu einem Anschlag hinreißen lässt. So könnte die Terrorgefahr auch in Deutschland wachsen. Ist es da überhaupt nötig, über den Sinn von Antiterrorgesetzen zu diskutieren?

Und ob. Die Regierungskommission, die nun die Sicherheitsgesetzgebung nach dem 11. September 2001 evaluieren soll, hat zumindest theoretisch eine Berechtigung. Selbstverständlich muss gefragt werden, ob die Antiterrorgesetze effektiv genug sind, um den Sicherheitsbehörden die Eindämmung der Terrorgefahr zu ermöglichen. Bisher war das so, wie die meist rechtzeitig gestoppten Anschlagsversuche von Dschihadisten zeigen. Aber bleibt das so? Mali und vielleicht auch die Bonner Bombe lassen vermuten, dass das Instrumentarium geschärft werden muss. Die Sorgen der Innenminister von Bund und Ländern angesichts des Wachstums der Salafistenszene sind verständlich.

Aber da ist noch ein Punkt, mit dem sich die Kommission auseinandersetzen müsste – warum Ministerien und nachgeordnete Behörden meist Terror ausschließlich als Synonym für militanten Islamismus gewertet haben und andere Gefahren zu wenig wahrnahmen.

Bis zum November 2011 war es bei Polizei, Staatsanwaltschaften und Verfassungsschutz, abgesehen von Ausnahmen, leider selbstverständlich, die Serie von neun Morden an Migranten nicht als Terror einzustufen. Erst als der NSU aufflog, wurde den Behörden – und der Öffentlichkeit – bewusst, dass sie einen naheliegenden Gedanken gar nicht erst zugelassen hatten.

Wären die Antiterrorgesetze und die damit verbundenen organisatorischen Reformen, wie die Einrichtung des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums (GTAZ), nicht nur auf islamistische, sondern extremistische Militanz insgesamt fokussiert gewesen, hätte die Fahndung nach dem Thüringer Trio mehr Möglichkeiten, mehr Chancen gehabt. Dass es nicht geschah, liegt nicht an den Gesetzen, sondern an der dahinter stehenden, auf den Dschihadismus verengten Philosophie in vielen Behörden. Das wäre ein großes Thema für die Regierungskommission.

Sie könnte sich zum Beispiel mit der Frage befassen, warum immer noch das Ausmaß rechtsextremer Gewalt relativiert wird, wie die viel zu niedrigen offiziellen Zahlen zu Todesopfern brauner Gewalt nahelegen. Da könnte die Regierungskommission deutschlandweit Druck machen. Zu befürchten ist aber, dass in diesem Gremium das Bundesjustizministerium mit dem Innenressort den Dauerstreit um die Vorratsdatenspeicherung fortsetzt. Und die Kommission wäre bis zur Bundestagswahl gelähmt.

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